Der Subaru Solterra ist ein spannendes Testobjekt, denn Subaru ist bekannt für Fahrzeuge mit permanentem extrem praxistauglichen Allradantrieb. Was der erste voll elektrische Subaru in der Praxis kann, durfte ich in den letzten 14 Tagen herausfinden.
Erster Eindruck
Der Solterra steht satt da und macht einen sehr robusten ersten Eindruck. Die Plattform teilt er sich mit dem Toyota Bz4. Sieht man etwas genauer hin fällt auf, dass man beim Solterra eher die Praxistauglichkeit in den Vordergrund gestellt hat. Die Kunststoff Verkleidungen der Kotflügel machen in dem Terrain wo der Solterra bewegt wird durchaus Sinn. Sieht stimmig aus, aber es wird nicht jeden Geschmack treffen. Die Front ohne Kühlergrill zeigt, dass hier Kühlung weniger Priorität hat, sieht nicht schlecht aus.
Im Innenraum findet man physische Schalter. Sowohl am Lenkrad als auch in der Kommandozentrale, wie ich die Mittelkonsole bezeichnen würde. Der angedeutet Klavierlack hinterlässt einen edlen Touch, zieht aber letztendlich Fingerabdrücke an, wie ein Magnet. Die Bedienung ist überall logisch und es gibt keinen Knopf der Fragen aufkommen lässt.
Im Fahrzeug sitzt man sehr bequem und fühlt sich auf Anhieb wohl. Alle Bereiche wo es nötig ist sind angenehm unterschäumt. Personen die im Heck Platz nehmen, sollten nicht kleiner sein, wie 160cm sonst haben sie den Gurt zu sehr in Halsnähe! Hier wäre eine Höhenverstellung für den Sicherheitsgurt durchaus eine gute Idee!
Technische Daten und Bedienung
Die technischen Daten können sich wirklich sehen lassen!
Permanenter Allradantrieb mit 2 Motoren jeweils 80 kW an jeder Achse, Systemleistung 281 PS. 6,9 Sek 0-100 km/h, V-Max 160 km/h, Batterie 71,4 kWh, Ladeleistung DC: 150kW max., AC 11 kW.
Abmessungen: 4,69 m lang, 1,86m breit, 1,65m hoch. Bodenfreiheit 210mm. Mit einem Böschungswinkel vorne 17,7 Grad und hinten 25,4 Grad ist er in leichtem Gelände durchaus gut ausgestattet.
Der Kofferraum öffnet elektrisch und ist mit max. 452 Liter ausreichend groß. Unter dem doppelten Boden ist knapp Platz für ein Typ 2 Ladekabel mit 5m Länge. Frontkofferraum gibt es keinen. Praktisch finde ich den 2. Knopf im Kofferraudeckel, der den Wagen nach verschließen des Kofferraums auch gleich versperrt. Eines der vielen praktischen Features, die ich gefunden hab.
Mein Testfahrzeug kommt leider nicht in der Vollausstattung daher, ist aber durchaus brauchbar ausgestattet. Eine induktive Ladeschale gibt es leider nicht, diese ist erst in der nächst höheren Ausstattungsvariante dabei, schade eigentlich.
Die Spracheingabe funktioniert überraschend gut und versteht sowohl Namen von anzurufenden Personen als auch Navigationsziele meist ohne Probleme. Auch die Sprachausgabe des Navigationssystems ist sehr freundlich aber überdurchschnittlich mitteilsam. Hier wäre meiner Meinung nach etwas weniger auch ok.
Die Anzeige der Fahranweisungen in der Navigation machen einen etwas überladenen Eindruck. Die Anzeige lässt sich aber auf die Information der nächsten Fahranweisung reduzieren, das schafft Übersicht. Ladeplanung gibt es derzeit leider noch nicht! Man kann allerdings Ladestationen über die Navigation finden, diese sind allerdings nicht immer up to date.
Android Auto funktioniert “nur” über Kabel welches in der Klappe in der Mittelkonsole angesteckt werden muss. Dort lässt sich das Smartphone auch verstauen. Wenn der Ladestecker am Telefon nicht zu üppig ausfällt, kann man den Deckel auch Schließen. Das Fach ist allerdings nicht viel breiter, wie durchschnittliche Smartphones mit angestecktem Ladekabel. Zusätzlich ist für jeden Fahrgast ein USB-C Ladeanschluss verfügbar. Auch in der hinteren Reihe, das ist vorbildlich!
Praxistest
In den 2 Wochen Testzeitraum bin ich mit dem Solterra über 1000km gefahren. Vor meiner längsten Fahrt von Wien – Salzburg zu einem Seminar und zurück, zeigt mir der Wagen bei 100% Ladestand eine Reichweite von 400km an! Das werden wir noch sehen
Mein Autobahnverbrauch war trotz zügiger Fahrweise immer an den maximal erlaubten 130 km/h bei knapp unter 20 kWh / 100km. Der Solterra ist mit seinem großen Akku vom 71 kWh damit nicht nur langstreckentauglich sondern auch durchaus sparsam!
Das ist wirklich beeindruckend!
Bei meiner Fahrweise geht sich Salzburg also nicht ohne laden aus. Wenn man sich allerdings extrem zurückhält kann ich mir durchaus vorstellen, dass es klappt. Möchte ich allerdings nicht probieren, macht keinen Spaß.
Die unzähligen Assistenzsysteme funktionieren in meinem gesamten Testzeitraum sehr zuverlässig. Das Lenkrad muss nur mit einem Finger leicht berührt werde um den Spurhalteassistenten bei Laune zu halten. Dieser hat sogar meine Härteprüfung auf den engen Kurven der A21 überdurchschnittlich gut gemeistert.
Da wo die meisten Assistenten mit der eingestellten Geschwindigkeit von 130 km/h plötzlich aufgeben, verringert der Solterra einfach die Geschwindigkeit. Mit diesem Trick schafft er auch engere Kurven im automatischen Modus! Das habe ich noch in keinem anderen Auto so bemerkt! Man sollte nur darauf achten dass man keinen “Hintermann” bei dieser Aktion hat, denn der Solterra bremst hier manchmal auf bis zu 100 km/h herunter! Die Randabstimmung zur Mittellinie ist allerdings bei solch engeren Autobahn Kurven manchmal grenzwertig nahe an der Linie sodass man hier bei stärkerem Verkehrsaufkommen gut beraten ist, selbst zu lenken!
Wird es dem Assistenten zu viel, dann gibt es einen kurzen Warnton und man muss wieder selbst ans Lenkrad greifen. Nähert sich von hinten ein Fahrzeug mit höherer Geschwindigkeit, wird das im Fahrerdisplay prominent angezeigt. Das hilft mit einem Drängler auf der 2. Spur rechtzeitig Platz zu machen
Der Querverkehrswarner zeigt mir im Stadtverkehr oft eine Warnung an, bevor ich noch weit genug in die Kreuzung einfahren kann um etwas zu sehen. Das ist wirklich gut gemacht!
Das Fahrwerk ist sehr ausgewogen und überrascht in keiner Fahrsituation. Der Wagen hat in schnell gefahrenen Kurven wenig Seitenneigung obwohl er mit knapp über 2 Tonnen Leergewicht daherkommt. Die Beschleunigung ist angemessen der verbauten Motorleistung überdurchschnittlich gut.
Der symmetrische Allradantrieb ist mir schon während meiner ersten Begegnung mit dem Solterra am ÖAMTC Gelände positiv aufgefallen. Im Grenzbereich liefert er souverän die Kraft an jedes Rad wo sie angemessen umgesetzt werden kann.
Das sorgt in meinem Praxistest auch auf nasser Straße immer für gute Traktion. Wenn man es übertreibt, dann greift das ESP sehr zuverlässig ein ohne den Fahrspaß zu trüben. Aber dafür ist Subaru ja auch hinlänglich bekannt!
Die Rekuperation kann man in 4 Stufen verstellen. Geht man mit den Einstellungen auf die höchste Stufe, dann wird der “one Pedal Drive” Modus aktiviert. Damit kann man dann fast nur mehr mit dem Fahrpedal und guter Rekuperation unterwegs sein. Allerdings nicht bis zum Stillstand!
Laden
Die Ladebuchse ist vorne links angebracht und damit relativ weit entfernt von der Front des Fahrzeuges. Das ist grundsätzlich kein Problem, sorgt aber dafür, dass man an manche Ladestationen sehr knapp heranfahren muss. Beispielsweise am Tesla Supercharger, wo die Kabeln nicht besonders lang sind kann das knapp werden. Die Plastikabdeckung der Ladeanschlüsse unter dem Deckel lassen sich über kleine Bügel entriegeln und gemeinsam wieder verschließen, das ist gut durchdacht!
An manchen älteren 150kW Ladesäulen klappt die Verbindung des CCS Steckers nicht beim ersten Mal, aber das lässt sich durch erneutes Anstecken meist beheben. Dieses Problem ist bei Subaru bereits bekannt und wird hoffentlich bald durch ein Softwareupdate gelöst werden.
Die maximale Ladeleistung von 150kW liegt nicht den gesamten Ladezeitraum an, aber von 10%-80% in 30 Minuten ist durchaus realistisch. In meinem Test habe ich den Solterra auch einmal am Supercharger von Tesla angeschlossen. Hier lädt er ebenfalls mit 130kW sofern der Akku unter 10% SOC ist.
Was mir besonders aufgefallen ist
Während meiner Fahrt auf der Autobahn kam ein SMS auf meinem Handy an. Plötzlich wurde mir die Frage gestellt, ob ich dieses SMS lesen möchte. Neugierig antwortete ich mit “ja” und bekam daraufhin das SMS vorgelesen ohne irgendwas drücken oder tun zu müssen. DAS gefällt mir sehr!
Oberhalb der Sonnenblende sind zwei Mikrofone verbaut die dafür sorgen, dass eine zuverlässige Spracheingabe möglich ist..
Es gibt eine App für den Solterra wo man wichtige Infos ablesen kann. Zusätzliche Bedienfunktionen sind allerdings derzeit nicht implementiert. Angeblich ist hier bereits eine verbesserte Version in Planung.
Im großen Infodisplay kann man viele nützlichen Einstellungen zur Bedienung und Funktionen des Entertainment und des Navis machen. Hier habe ich mir vor der Fahrt einige Einstellungen verändert, die mich unterwegs durchaus ablenken könnten. Zum Beispiel die etwas verwirrende Anzeige des Navis und die etwas über motivierten Navigationsansagen.
Schade finde ich, dass man die kompletten Einstellungen der Assistenz Systeme nur über das eher kleine Fahrerdisplay im Armaturenbrett über Navigationstasten am Lenkrad einstellen muss. Die unterschiedlichen Systeme sind dort leider mit Abkürzungen beschrieben und sind manchmal schwer zu durchschauen!
Hier hilft nur ein Blick in das ausführliche Handbuch! Das wäre am zentralen Bildschirm mit Touch Funktion etwas praktischer. Das können manch andere Autos besser.
Fazit
Ich würde den Subaru Solterra als Geheimtipp bezeichnen. Der Allrad SUV gibt sich grundsätzlich unauffällig, glänzt aber mit einigen besonderen Eigenschaften. Der Allradantrieb funktioniert, wie man es von Subaru erwartet, sehr zuverlässig. Mit der Bodenfreiheit von 210mm ist er weniger im schweren Gelände zu Hause sondern im Bereich wo Subarus normalerweise zu finden sind.
Im Wald, auf verschneiten Forstwegen und im leichten Gelände zu einer Schihütte. Mit der 71kWh Batterie kann er sich durchaus auch auf der Autobahn sehen lassen. Mit dem Verbrauch von knapp unter 20 kWh und Ladeleistung von bis zu 135kW ist er auf der Langstrecke ebenfalls ein guter Begleiter. Außer ein paar sehr gut durchdachten Details und einem überraschend sparsamen Autobahnverbrauch gibt es nicht viele Besonderheiten am Subaru Solterra. Wer allerdings ein souveränes zuverlässiges Allrad SUV such, ist mit dem Solterra sicher gut beraten…