Heute bekam ich ein eher unübliches Testfahrzeug. Der Maxus EV80 von SAIC Motors ist ein vollelektrischer Transporter mit über 10 m3 Ladevolumen und knapp einer Tonne Zuladung. Er ist damit angeblich derzeit der größte vollelektrische Transporter in Europa. Die Reichweite beträgt angeblich 200km und kann mit bis zu 50kW über CCS schnell geladen werden.
Der Transporter ist 5,7m lang und 2.35m hoch und hat 3 Sitzplätze. Der Motor leistet dauerhaft 60 kW (81 PS) und kann kurzzeitig bis zu 92 KW (125 PS) abgeben. Das Drehmoment von 169 Nm kann kurzfristig auf bis zu 320 Nm gesteigert werden. Einen Tesla kann man damit natürlich nicht simulieren, aber Die Beschleunigung ist für ein Fahrzeug dieser Bauform angemessen.
Der chinesische Hersteller SAIC ist kein Unbekannter. SAIC produziert auch in Zusammenarbeit mit Volkswagen und General Motors. Nach eigenen Angaben verkaufte SAIC im Jahr über 6 Millionen Fahrzeuge.
Erster Eindruck:
Der EV80 von SAIC Motors ist ein sehr einfaches Fahrzeug. Es gibt alles was unbedingt nötig ist, aber nicht mehr. Radio, Klimaanlage, elektrisch verstellbare Spiegel und dann ist auch schon Schluss. Da es sich um ein Nutzfahrzeug handelt ist das auch vollkommen OK!
Der Schalthebel ist an der Mittelkonsole angebracht und die Feststellbremse, etwas ungewöhnlich, als Schalter auf der linken Seite des Armaturenbretts. Im Armaturenbrett gibt es einen übersichtlichen Tacho, der zentral in der Mitte angeordnet ist. Links davon die Anzeige für die Restreichweite. Rechts vom Tacho gibt es noch eine Anzeige für die abgerufene Leistung und die Akkustandsanzeige. Die Verarbeitungsqualität macht einen guten ersten Eindruck. Sieht man genauer hin, dann merkt man schon, in welchem Land der Maxus produziert wurde 😉 Speziell die Plastikteile haben noch etwas Luft nach oben. Die restliche Verarbeitung ist allerdings auch auf den zweiten Blick gut!
Akku & Laden:
Der EV80 hat einen Akku mit 56 kW/h Kapazität. Das Besondere an dem Fahrzeug, er hat ZWEI getrennte Ladeanschlüsse. Einen Typ 2 Anschluss an der Vorderseite unter der Stoßstange mit dem man am Wechselstrom maximal 6,6 kW laden kann. Der Schnellladeanschluss für CCS befindet sich seitlich hinter der Beifahrer Türe. Theoretisch könnte man hier auch Typ 2 anschließen, die Abdeckung ist aber ausdrücklich mit CCS beschriftet, somit habe ich mich nicht getraut, dort nur einen Typ 2 anzuschließen. Am CCS kann man den EV80 mit bis zu 60 kW laden, das ist schon ganz ordentlich. SAIC gibt eine Vollladung mit ca. 2 Stunden am Schnelllader an, ich vermute, dass eine Ladung von 0% auf 80% in ca. 30-40 Min möglich ist.
Praxistest:
Der Maxus EV80 ist einfach zu bedienen und fährt sich angenehm. Die Übersicht ist gut und das Fahren macht einen stabilen und zuverlässigen Eindruck. Leider kann man die Stärke der Rekuperation nicht einstellen. Diese ist so schwach eingestellt, dass sie kaum als Ersatz für die Bremse verwendet werden kann. Ich finde das sehr schade, denn hier geht wertvolle Energie verloren! Die Klimaanlage arbeitet gut und innerhalb kurzer Zeit ist es im Auto schön kühl.
Ich fahre mit dem EV80 von Wien ca. 20 km nach Himberg und hole dort meine “Testladung”, einige Paletten, und lade diese ein. Von hier soll es zuerst nach Frauenkirchen und dann weiter nach Andau gehen, die Strecke umfasst insgesamt 110 km in eine Richtung und führt die meiste Zeit über die Autobahn. Auf der Autobahn fällt mir auf, dass der MV80 bei Vollgas (ca. 110 km/h) lt. Leistungsanzeige kaum mehr verbraucht, als bei 80 km/h. Wenn die Anzeige stimmt, dann ist das wirklich vorbildlich. Die Anzeige zeigt fast immer 2 Teilstriche Verbrauch an. Allerdings entspricht ein Teilstrich der Leistungsanzeige ca. 37 kW, es ist also nicht besonders präzise abzulesen, wie viel tatsächlich verbraucht wird.
Da der einzige brauchbare Schnelllader in Bruck / Leitha steht, plane ich dort eine Zwischenladung. Nach diesem Abschnitt, der mit etwas Umweg ca. 70 km lang ist, habe ich noch etwa 40% SOC. Da gerade Mittagessen ansteht, lade ich den EV80 in Bruck wieder voll. Die Ladesäule von EVN hat einen CCS Anschluss. Auf dem Foto sieht man, dass ich schon auf 2mm an der Säule stehe und trotzdem ist das Kabel sehr kurz. Ich kann mir vorstellen, dass es Ladestationen gibt, wo sich das nicht mehr ausgeht. Damit stellt sich die Frage ob es nicht besser gewesen wäre den CCS Anschluss im EV80 etwas weiter vorne einzubauen.
Danach geht es weiter über Frauenkirchen und dann nach Andau. Auf dem Rückweg auf der A4 nach Wien wird es spannend. Ich habe eigentlich geplant, erst in Wien wieder zu laden. Die Restreichweitenanzeige hat in Göttelsbrunn noch 34km drauf. Bis Schwechat sind es noch ca. 14 km. Da ich allerdings auf der Akkuanzeige das letzte rote Quadrat sehe, traue ich mich nicht dem EV80 völlig leer zu fahren und lege einen kurzen Zwischenstopp in Gottelsbrunn ein. Dort steht ein Smatrics Schnelllader, der uns in 17 Min ca. 8 KW/h reinlädt, um auch sicher nach Hause zu kommen. Am Smatrics Lader ist das Kabel ausreichend lang, allerdings kann ich hier direkt NEBEN dem Lader stehen. Der restliche Weg auf der Autobahn verläuft zwar ergebnislos, aber wir haben starken Regen und Gegenwind. Ich bin sehr froh, die 8 kW/h Reserve dabei zu haben 😉
Fazit
Der SAIC Motors Maxus EV80 ist ein gutes, vollelektrisches Lastentier. Er fährt sich einfach und hat keine technischen Spielereien an Bord. Aber es ist alles da, was ein Klein-LKW braucht. Einzig eine Rückfahrkamera hätte ihm noch gut getan, aber ein richtiger LKW-Fahrer braucht so was eh nicht 😉
Mit 950 kg Zuladung und 10m3 Ladevolumen ist er ausreichend groß für den Lieferverkehr. Die Reichweite wird in der Praxis im beladenen Zustand ca. 100 km betragen. Leer könnten es durchaus auch 130 km werden. Durch die schwache Rekuperation sollte man sich in der Stadt nicht viel mehr Reichweite erhoffen.
Der Verbrauch bei 100 km/h auf der Autobahn ist nicht viel höher als mit 80 km/h auf der Bundesstraße, zumindest sagt das die nicht sehr genaue Leistungsanzeige. Wenn das stimmt, ist das ein guter Wert.
Die Ladung mit CCS ist zukunftssicher, daher ist der EV80 ein sehr interessantes Fahrzeug für den städtischen Lieferverkehr.