Testbericht Kia EV6 GT-Line AWD

Vor einiger Zeit hatte ich den Kia EV6 Air Premium RWD mit großer Batterie zum Test. Leider ist es mir nicht gelungen einen 20221126_Außen_122710 - KopieSchnelladetest zu machen, da sich der Wagen mit über 500km WLTP Reichweite nicht so einfach leerfahren lässt Winking smile
Deshalb habe ich mir vorige Woche nochmal einen Testwagen ausgeborgt um damit nach Salzburg zu fahren.

Diesmal war es ein Kia EV6 GT-Line mit Allrad in weiß. Optisch wirkt der EV6 sportlich edel. Das Ganze wird aufgelockert durch besondere Formen, beispielsweise bei den Spiegeln und dem Heckspoiler mit dem LED Leuchtband.

In meinem Bericht habe ich mir die Besonderheiten ausgesucht, die den Kia EV6 GT-Line AWD für mich ausmachen, Vollständigkeit ist nicht zu erwarten.

Ausstattung & Bedienung

20221126_Außen_122759 - KopieDer EV6 GT-Line ist von der Ausstattung sehr hochwertig. Schon beim Öffnen macht sich die Besonderheit der ausfahrenden Türgriffe bemerkbar. Diese werden während der Fahrt eingeklappt und sorgen damit für eine verbesserte Aerodynamik.
Die Sitze sind sehr individuell verstellbar und haben sowohl Heizung als auch Kühlung eingebaut.

Die beiden Bildschirme in der Kommandozentrale sind gut ablesbar und lassen sich teils individuell einstellen. Die Mittelkonsole ist dem Fahrer zugewandt und enthält für viele wichtigen Funktionen die entsprechenden Tasten.

An der unteren Leiste des Armaturenbretts kann man Lüftung und Klima als auch andere Funktionen bedienen. Die Mehrfachbelegung ist wahlweise selbstrückstellend, oder kann auch in einer bestimmten Ansicht fixiert werden. 20221126_Innen_120938 - KopieDie Bedienung funktioniert weitgehend intuitiv, manchmal kommt die Hand beim Auswählen auf den Soft Tasten für die Sitzheizung zu liegen, die sich genau darunter berfindet, dann wird es schnell mal warm im Schritt.

Die Ladeschale kann mein Handy auch durch die dicke Hülle durchladen, dass klappte bisher nicht in vielen Testautos.

20221126_Innen_121316 - MitelkonsoleIn der Mittelkonsole befinden sich zusätzlich noch 2 Becherhalter, der Drehregler für die Fahrmodi und der Starknopf. Dieser ist sehr elegant dem Fahrer zugewandt. Die Verarbeitung und das Platzangebot in der Mittelkonsole lässt keine Wünsche offen.

Beim Abstellen des Fahrzeuges mit der “P” Taste bleibt der Wagen “aktiviert” bis man den “Power” Knopf zum Ausschalten betätigt. Steigt man aus und versucht zuzusperren, ohne das Fahrzeug abzuschalten, dann muss man nochmal einsteigen und den Power Knopf für die Deaktivierung drücken. Hier würde ich mir etwas mehr “mitdenken” des EV6 wünschen. z.B. Parkbremse betätigt, Fahrer ausgestiegen,  “zusperren” am Schlüssel gedrückt, bedeutet Auto muss AUSgeschaltet werden. Das funktioniert bei einigen anderen Herstellern etwas intuitiver.

Der Kofferraum ist sehr lang, aber nicht besonders hoch. Die abfallende Dachlinie sorgt zusätzlich dafür, dass man hohe Gepäckstücke eher liegend transportieren muss. Dafür lassen sich die Rücksitze mit Hebeln im Kofferraum umlegen, ohne nach vorne gehen zu müssen.

In der B-Säule ist innen ein Lüftungsauslass für die hinteren Passagiere eingelassen. In den Vordersitzen auf der Seite gibt es jeweils eine USB-C Ladebuchse für die Font Passagiere. Zwischen den hinteren Sitzen kann man eine 220V Steckdose ordern.

Fahren

Der EV6 mit Allrad fährt sich sehr agil und die Leistungsentfaltung ist überdurchschnittlich! Mein Testfahrzeug mit der 77 kWh Batterie und Allradantrieb beschleunigt trotz mehr als 2000 kg Gewicht in etwas über 5 Sekunden auf 100 km/h. Man kann ihn also durchaus auf sportlich von der Ampel losstarten, wenn es sein muss. In den meisten Fällen wird man allerdings eher gemütlich und damit auch effizient unterwegs sein. Um das möglichst sparsam zu gewährleisten, kann der 2.Motor bei der Allrad Version mechanisch getrennt werden um Schleppverlußte zu vermeiden. Das ist vorbildlich und funktioniert automatisch ! Man sieht auf dem Hauptbildschirm welche Antriebssituation gerade vorherrscht und auch welche Räder gerade welche Kraft zugeteilt bekommen.20221126_Innen_123052 - Anzeige AWD
Mit der heckgetriebenen Variante des EV6 geht es zwar auch sportlich zur Sache, aber den aussergewühnlichen Kick beim Bescheunigen gibt es nur beim Allrad!

Auf meiner Strecke von Wien nach Salzburg fahre ich fast immer an der oberen Grenze des erlaubten Geschwindigkeitslimits. Die meiste Zeit davon darf der adaptive Tempomat den Kia bewegen um die Versuchung zu minimieren die 325 Pferde auf die 4 Räder loszulassen.

Ein paar mal juckt es mich dann doch die gesamte Leistung abzurufen. Speziell beim Überholen auf der Autobahn ist das ein größer Vorteil. Die Leistungsentfaltung ist fast sofort verfügbar. Muss beim Kickdown im Sportmodus der 2.Motor zugeschaltet werden, vergeht gerade mal ein Wimpernschlag und dann geht’s richtig ab! Mehr Beschleunigung braucht es nicht!
Es kommt schnell der Wunsch auf einen “Abstecher” über die deutsche Autobahn zu machen, aber dafür ist leider keine Zeit Winking smile

Im Stadtverkehr fährt sich der EV6 souverän. Man merkt meist nicht, dass man ein fast 4,7 Meter langes SUV Coupe bewegt. Das liegt sicher auch daran, dass Kia dem EV6 ein hervorragendes Fahrwerk und eine spezielle 5 Lenker Hinterachse vergönnt hat.

20221126_Innen_122937 - 360GradDie ca. 360 km von Wien zu meinem Salzburger Hotel verbraucht der EV6 bei ca. 4 Grad Außentemperatur knapp unter 25 kW/h auf 100 km, das ist durchaus angemessen denn ich fahre zügig und meist die erlaubte Höchstgeschwindigkeit. Außerdem habe ich auf beiden Fahrten eine Ladestation im Navi als Ziel ausgewählt, daher gehe ich davon aus, dass die Akkuheizung zeitweise aktiv war. Leider kann die Navigation keine Ladeplanung, hier gibt es noch massives Verbesserungspotential, aber dazu später!

In Salzburg bei meinem Hotel angekommen fällt mir beim Einparken an der Ladestation des Hotels die 360 Grad Kamera sehr positiv auf! Der Überblick ist nicht nur hilfreich, sondern auch die angezeigten Abstände sind relativ realitätsnah. Gut gemacht und auch wichtig, denn die C-Säule schränkt den Blick nach hinten etwas ein.
Die Geräusche beim zurückfahren hört man auch draußen, das macht nicht immer einen guten Eindruck, besonders in der Nacht vor dem Hotel!

Ladeplanung und Aufladen

Nach dem Eingeben des Ziels in Salzburg bemerke ich, dass der EV6 keine Ladeplanung kann! Der EV6 merkt zwar, dass sich die Strecke nicht mit einer Akkuladung ausgeht, bietet aber nur Ladestationen in der Nähe an. Die Eingabe einer Ladestation die sich nicht im Umkreis des Standortes befindet ist nicht möglich!
Man muss zuerst den Zielort eingeben und danach die Funktion „Ladestation in der Nähe des Ziels“ auswählen. Will man allerdings unterwegs auf der Strecke laden, muss man ungefähr wissen wie weit man kommt. Das ist wenig intuitiv und hat noch massives Verbesserungspotential!

Speziell auch deshalb, weil das Fahrzeug mit der aktuellen Software einen verbesserten Wintermodus bekommen hat. Dieser ermöglicht es den Akku rechtzeitig vorzuheizen wenn man im Winter als Ziel eine Ladestation auswählt. Ist der Wintermodus aktiviert sollte der Akku auf ca. 25 Grad vorgeheizt werden um ein schnelles Ladeergebnis zu erreichen.

Das funktioniert auch recht gut, sofern man eine passende Ladestation gefunden hat. Leider wird das Vorwärmen nicht angezeigt, aber in meinem Test konnte der EV6 nach einer Autobahnfahrt durchaus zufriedenstellend laden. Nach dem Anstecken an einen Ionity Lader wurde 1-2 Minuten mit ca. 70 kW geladen und danach ging es hoch bis über 200kW. Ab 80% SOC fällt bei meinem Test die Ladegeschwindigkeit dann rapide ab, somit ist es sinnvoller dann weiterzufahren.

Das Ladeversprechen von 10%-80% in 18 Min wurde nicht ganz gehalten, aber von 24% auf 80% in 19 Min bei 4 Grad Außentemperatur ist auch sehenswert. Schon deshalb, weil viele Elektrofahrzeuge erst bei einem SOC von unter 10% die volle Ladeleistung aufnehmen können. Der EV6 kann durchaus auch schon bei 25% SOC oder höher effizient nachgeladen werden.

Das Laden mit Wechselstrom klappt beim EV6 dreiphasig und mit bis zu 11kW. Unverständlich ist mir allerdings, dass im Kofferraum meines Testautos nur ein einphasiges Typ2 Kabel liegt. Ich hoffe, dass ist nicht bei allen ausgelieferten Fahrzeugen so!

erwähnenswerte Besonderheiten

Setzt man den Blinker wird im Hauptdisplay auf der entsprechenden Seite ein Kamerabild des Außenspiegels angezeigt. Das gefällt mir sehr, da man sofort sieht ob es irgendwelche Vorkommnisse gibt. Natürlich hat 20221126_Außen_122815 - Kopieder EV6 auch einen Assistenten für den toten Winkel, aber das Kamerabild beruhigt zusätzlich. Wenn es regnet oder feucht draußen ist, dann bilden sich allerdings genau an den Wölbungen der Kamera tropfen, die oft zu skurrilen Bilder im Display führen.

Man kann über die hervorragende Soundanlage im Fahrzeug nicht nur Musik, digitales Radio oder andere Dinge hören, sondern auch einen spacigen Motorsound in den Innenraum bringen. Wer so wie ich, schon länger elektrisch fährt, braucht das nicht unbedingt. Es ist aber durchaus eine nette Idee um es umgestiegenen “Benzinbrüdern” etwas authentischer zu machen Winking smile

IKia_EV6_V2Lm Kofferraum meines EV6 findet sich ein V2L Adapter. Damit kann man aus dem Fahrzeug bis zu 3,6 kW Leistung an ein Gerät abgeben, welches mit einer Schukosteckdose an den Adapter angeschlossen wird. Somit hat man die Möglichkeit den EV6 an Orten als Stromquelle zu nutzen, die weit entfernt eines Netzanschlusses sind. Meine Nespresso Maschine (ca. 1,8KW) konnte damit jedenfalls einen leckeren Espresso machen.

Der EV6 hat auch einen Frontkofferraum. Bei der Heckgetriebenen Variante ist dieser 52 Liter groß. Im Allradler leider nur 20 Liter. Auch einen Anhänger darf man mit dem EV6 ziehen. In der starken Allradvariante sogar gebremste 1600 kg.

Fazit

Mich hat der Kia EV6 AWD fasziniert, den er kann sowohl sportlich nicht zu knapp und auch sparsam bewegt werden. Auf meiner Testfahrt von Wien nach Salzburg waren es im Schnitt knapp unter 25 kW/h auf 100km, aber ich bin sicher man kann den EV6 im Sommer mit etwas ökologischer Fahrweise auch weit unter 20 kW/h auf 100km bewegen!

Der 77 kW/h große Akku sorgt auch auf der Autobahn in meinem Test auch bei 4 Grad Außentemperatur für eine gute 20221126_Außen_122646 - KopieReichweite von ca. 300km und lässt sich extrem schnell wieder aufladen.
Natürlich braucht man dafür eine passende Ladesäule die 800V Technik und 300 kW kann, zum Beispiel die von Ionity.

Mein Testfahrzeug war überdurchschnittlich ausgestattet und trotzdem intuitiv bedienbar. Die vielen Assistenzsysteme sind manchmal etwas zu mitteilsam, aber das Meiste davon lässt sich sicher individuell konfigurieren. Wer ein sportliches SUV Coupe sucht und keine hohen Dinge zu transportieren hat, wird an dem EV6 von Kia nicht vorbeikommen. Der Preis beginnt bei ca. € 50.000,- und geht bis knapp über € 70.000,- für die Top ausgestattete Allrad Variante mit dem großen Akku, die ich in meinem Test fahren durfte.

Nähere Infos oder technische Informationen gibt es auf der Webseite von KIA